Berlin verbietet Corona-Demonstrationen am Wochenende by tagesschau ([object Object])

Der Berliner Innensenator liefert den Vertretern der Demokratieverachtung mit seiner fragwürdigen Begründung für das Demoverbot Futter. Denn die Vermischung von politischen und gesundheitspräventiven Gründen lässt Covid-19 wie ein Werkzeug erscheinen, das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken. Wenn es intern die Sorge gibt, dass die Durchsetzung von Hygienemaßnahmen bis hin zur Demo-Auflösung für die Polizei unangenehm bis gefährlich werden könnte, ist das ein Argument. Eines, dass dann auch so benannt werden sollte. Und selbst dann ist die Frage, ob diese Art der Prophylaxe wirklich als Begründung genügt.

Niemand sollte Demonstrationsverbote aus Covid-Gründen leichtfertig beklatschen.

How Much Things Can Change by Rodney BrooksRodney Brooks (rodneybrooks.com)

Rodney Brooks mit einer kleinen Denkfigur über wissenschaftliche Erkenntnisse. Genauer: Wie viele der wissenschaftlichen Paradigmen uns „ewig“ vorkommen, in der Realität aber erst während der Lebensspanne gefunden wurden, die von seinen Großeltern bis zu ihm selbst reicht. In den vergangenen 130 Jahren also.

Beueler Extradienst by Martin Böttger u.v.m (extradienst.net)

Manchmal passiert es noch, dass ich auf interessante politische Blogs stoße. Zum Beispiel jetzt auf Beueler Extradienst, herausgegeben von Martin Böttger, offenbar aus dem Bonner Dunstkreis der Grünen. Genau meine Posting-Länge, Gedanken statt Aufregungs-Köder. Wieso kannte ich das nicht? Kennen das andere? Gibt es vielleicht eine unentdeckte deutsche Politik-Blogosphäre? Ich habe viele Fragen (und habe das Blog in meinen Feedreader gepackt).

Unveiling Our New Modernity by Jonathan TeubnerJonathan Teubner (hedgehogreview.com)

„I suspect that we are coming to see our world as increasingly discontinuous with the twentieth century, and COVID-19 is just one of the many breaking points. Pax Americana has for some time now been an unconvincing description of the twenty-first century. Indeed, appeals to the mass mobilization and solidarity that accompanied the second World War are becoming increasingly incredible. If our current political order is upended, we are unlikely to think of it as the COVID-19 disruption. It will be bigger than that. The signs of larger shifts are already in the works. Oddly enough, “Brexit” now oddly seems to belong to a previous age, when European Union rules, processes, and treaties were effective norms for debating its value and consequences.“

Wie fair ist China? by Die ZeitDie Zeit (zeit.de)

Der aktuelle Blick der deutschen Wirtschaft auf China entlarvt etwas aus den vergangenen 25+ Jahren. Aber was ist es? Naivität? Kurzsichtigkeit?

Marktzugang mit Informationen zu bezahlen, hat sich für den deutschen Export durchaus gelohnt, wenn wir die Besetzung internationaler Kernmärkte als Ziel definieren. Aber die Hoffnung, irgendwann Zugriff ohne Zwangs-Kooperationen zu erhalten; die Vorstellung, nicht klassisch von unten die Christensen’sche Disruption der eigenen Produkte zu erleben, seien sie auch noch so komplex: das war Wunschdenken.

Die chinesische Geo-, Wirtschafts- und Menschenrechtspolitik wird noch stärker als heute ein deutsches Mega-Thema. Und es wird nur eine feine Linie sein, die realistische Einschätzungen von politisch instrumentalisierter Sinophobie trennt.

How Tim Cook Made Apple His Own ($) by Tripp Mickle (wsj.com)

Das WSJ mit einem längeren Portrait Tim Cooks als Führungskraft. Die Bilanz: Ein vorsichtiger CEO, der auf bestimmte Details fokussiert ist, einen Produktionsketten- statt Produktfokus hat. Mit dem Aktienrückkaufprogramm und üppigen Dividenden hat er auch die konservativsten Investoren befriedet. Chris Deayer, ein ehemaliger Mitarbeiter des R&D-Teams, beschreibt die Firmenstrategie so:

“This is what most people don’t understand: Incremental is revolutionary for Apple. Once they enter a category with a simply elegant solution, they can start charting the course and owning that space. No need to break speed records, just do it organically.”

Die aktuellen Zahlen geben Cook und seiner Strategie seit Jahren recht. Brad Slingerlends fällte jüngst in seinem Newsletter dennoch ein vernichtendes Urteil:

„Tim Cook has taken bold and innovative products, developed over a decade ago by Steve Jobs, and run a risk-averse, 1900’s Industrial Age, MBA playbook focused on squeezing users to create more value for shareholders. Apple today appears to value what Warren Buffett thinks of its share buybacks more than it values what its customers think of its products. In the year 2020, that is the riskiest strategy any CEO could plot for a company.“

Die Staffel „Apple, die riskanten 2020er“ hat längst begonnen. Nicht, weil das Service-Narrativ nicht funktionieren wurde (das tut es, alleine schon ob der schieren Nutzerbasis). Sondern weil Apple der wahrscheinlich exponierteste Konzern im offen ausgetragenen US-China-Konflikt ist.

„Jonathan Swan’s utterly polite and unrelenting scepticism really highlights the fact that the default mode of US network interviewers is high deference. Even when they are contesting Trump’s claims, they treat him as though he’s a grand eminence. Swan is much more ‚headmaster who knows you broke into the sports cupboard because he can see the deflating football behind your back‘.“

Helen Lewis, The Bluestocking Newsletter

TikTok and the Sorting Hat by Eugene WeiEugene Wei ([object Object])

Wenn es nur einen Text über TikTok gebt, den man derzeit lesen sollte, dann dieses Essay von Eugene Wei. Der geht nicht nur darauf ein, warum der Algorithmus bei TikTok noch viel wichtiger (und besser) als bei Facebook ist, sondern zieht auch Verbindung zum Interest Graph – der punktgenauen Erfassung von Interessen, an denen sich dann der ausgespielte Inhalt orientiert und Nutzer bindet.

„But what if there was a way to build an interest graph for you without you having to follow anyone? What if you could skip the long and painstaking intermediate step of assembling a social graph and just jump directly to the interest graph? And what if that could be done really quickly and cheaply at scale, across millions of users? And what if the algorithm that pulled this off could also adjust to your evolving tastes in near real-time, without you having to actively tune it?“

Wei hat auch eine ganz interessante Theorie, warum ein chinesisches Produktteam den amerikanischen Markt geknackt hat. Trotz der Tatsache, dass das (gegenseitige) kulturelle Verständnis fehlt. Die TikTok-Software abstrahiert demnach die kulturelle Ebene einfach weg, weil Lernen aus Verhalten + Zuweisung von Interessenskategorien im Backend so fantastisch funktionieren.