Die polnische Präsidentschaftswahl, analysiert von Mitchell Orenstein vom Foreign Policy Research Institute: Seine Lesart ist kein 50/50-gespaltenes Land, sondern eine PiS, die es mit der Identitätspolitik übertrieben hat und so beinahe die Unterstützung der deutlich größeren Mehrheit verspielt hätte, die sie wegen ihrer Wirtschafts- und Sozialpolitik genießt. Er zitiert auch eine CBOS-Umfrage von 2019 und zieht daraus seine Schlüsse:
– 68 Prozent unterstützen die Gleichberechtigung Homosexueller, sei es aus Toleranz oder Überzeugung.
– Unterschiede zwischen 2013 und 2019: Von einer Oligarchie reden nur noch 13 statt 31 Prozent, die Zahl derer, die von Polen als Mittelschichtsgesellschaft sprechen, hat sich von 14 auf 28 Prozent verdoppelt.
– Die oppositionelle (und europafreundliche) Platforma Obywatelska wird mit ihrer Deregulierung und Rentenalter-Erhöhung in Verbindung gebracht.
Was lässt sich daraus folgern über das Demokratieverständnis in Polen? Orenstein formuliert es als Frage: „Is democracy procedural, about how governmental institutions function? Or substantive, about whether a majority benefits from government policy?“ Letzteres lässt sich auch auf Ungarn anwenden, wo das Vertrauen in die Demokratie in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Die Unterstützung für Demokratie kann, Michael Ignatieff hat darauf einmal hingewiesen, sich auf Elemente wie freie Wahlen beschränken und muss nicht unbedingt die sie stützenden Institutionen wie eine unabhängige Gerichtsbarkeit oder freie Medien einschließen.