Inside the Documentary Cash Grab

Dokumentarfilme (und -serien) sind durch die Streaming-Angebote raus aus der Nische gewachsen. Oder, wie es der Produzent Kevin Iwashina (Jiro Dreams of Sushi) im oben verlinkten Stück formuliert: Man ist nicht mehr der handgemachte Espresso in Italien, sondern Starbucks – „etwas, was man erstrebt, aber das auch erreichbar ist.“

Das hat Folgen: Zum Beispiel, das Protagonisten und Protagonistinnen bezahlt werden oder sogar als Co-Produzenten fungieren. Die Fyre-Fest-Abzocke erhält eine bitter-ironische Note, wenn man bedenkt, dass der Organisator Billy McFarland für die zugehörige Hulu-Doku von 2019 Auftrittsgage und Lizenzgebühren erhielt (die Netflix-Doku wiederum wurde von zwei Firmen co-produziert, die am Fiasko beteiligt waren).

Und auch handwerklich ändert sich etwas: Das so genannte „frankenbiting“ wird häufiger eingesetzt – die Montage von Dialogen, die so gar nicht stattgefunden haben. Inhaltlich sucht man häufiger bereits Themen, zu denen eine Fankultur existiert (äquivalent der Superhelden-Franchise-Filme).

Und die Vorgaben der Streamingdienste ist klar: In den ersten zehn Minuten muss etwas passieren, das die Zuschauer fesselt. Denn Stream-Abbrüche können sich auch Dokus nicht mehr leisten.

Einfach nur einen Absatz Freddie deBoer kurz übersetzen, denn ich stimme weitestgehend damit überein.

„Ich kritisiere schon seit fast einem Jahrzehnt, dass Twitter die neue Schule für unsere Medienschaffenden-Klasse geworden ist, mit Cliquen und Popularitätshierarchien. Twitter schafft Echokammern; Twitter privilegiert Popularität bei Kollegen gegenüber der Qualität der Arbeit; Twitter hat zu einer Kultur von Konformität in einem Berufsstand geführt, der eigentlich von unabhängigem Denken geprägt sein sollte; Twitter behindert Ernsthaftigkeit, Haltung und Nachsinnen; Twitter fördert schnelle Urteile; Twitter führt zu Rachsucht und untergräbt Versöhnlichkeit; und, vielleichte das Wichtigste: Twitter konzentriert zu viel Einfluss innerhalb einer einzigen privaten Firma und setzt damit die gesamte Medienbranche und seine professionellen Anreize genau dieser Firma und den Launen jener aus, die sie leiten.“

Ich wiederhole mich: Aus heutiger Sicht, also vom Ende her betrachtet, halte ich es für einen Fehler, dass ich 2008 bis 2011 in meinen Redaktionen intensiv für die Twitter-Nutzung geworben zu haben. Leider.

Vielleicht würde ich anders urteilen, wenn ich Teil dieser Cliquen wäre und in den Popularitätshierarchien eine Rolle spielen würde. Aber die Art und Weise, wie viele von uns Medienschaffenden sich in Richtung dieser Plattform ausgerichtet haben, war unterm Strich genauso fatal wie die Ablehnung von Feedback, Dialog und Messbarkeit vom reaktionären Teil unserer Branche.

Stuart Hyatt ist ein amerikanischer Musiker und Multimedia-Künstler. Ich habe ihn erst vor ein paar Wochen entdeckt, als ich zufällig dieses Re-Release von seiner „Band“ The Clouds gehört habe. Songs, die er 2005 mit lokalen Gospelchören und Amateursängern und -sängerinnen aufnahm. Das Label DFA Records legt das Album im Februar 2023 neu als Vinyl auf, was mit großer Sicherheit zu einer Wiederentdeckung führen wird.

Stuart Hyatt ist aber noch weit vielseitiger. Unter „Field Works“ hat er gemeinsam mit anderen Künstlerinnen und Künstlern Alben veröffentlicht, auf denen er der Sound aus den Tiefen unseres Planeten mit menschgemachten Elementen verbindet, vor allem mit Chorstimmen. Auch das eine schräge Reise, hinein in die Tiefen und Nischen, die musikalisch möglich sind.

Zugegeben: Das Video lebt von der großartigen Inszenierung. Und man kann auch fragen: Wäre das Ganze nicht auch mit Photoshop gegangen?

Und doch deutet das, was Kyle Vorbach da macht, für mich auf etwas da draußen in unserer näheren Zukunft. Einen Paradigmenwechsel. Noch nicht ganz so präzise wie das NYMag-Cover vom Februar 2007 über junge Menschen im beginnenden Social-Media-Zeitalter („The Greatest Generation Gap Since Rock’n Roll“), das mir damals  – ich war zufällig als Praktikant in der Stadt – die Augen öffnete. Nicht ganz so verstörend wie die Roboter-Hunde von Boston Dynamics.

Aber doch irgendwie deutlich signalisierend: Was sich hier andeutet, wird einmal ziemlich viel mit unserem Leben zu tun haben.

Asi Erich ist tot.

Ich weiß nicht, ob ich ihm schon in den Neunzigern begegnet bin. Damals wäre er vermutlich nicht besonders ausgefallen, in der Kuttenzeit gab es einige Leute, die ihm in Phänotyp und Besoffenheit ähnelten. Sein Ruhm im Schalker Mainstream kam glaube ich erst in den Nullerjahren, die auch meine Schalke-intensivste Zeit waren.

Irgendwann hatte ich die gesammelten Anekdoten im Netz (Schalke Unser?) gelesen und wusste Bescheid. Ich erinnere mich noch gut, als er im Sambazug zum DFB-Pokalfinale 2005 plötzlich in unser Abteil umfiel und niemand wusste, wie er es mal wieder hergeschafft hatte. Klar hat er ein Bier gekriegt.

Irgendwann war es mir zu viel mit dem Kult und dem Abfeiern, zumal Erich immer schlechter aussah und selten noch reden konnte, wenn man ihm am Spieltag über den Weg lief. Der Weg von der Kultfigur zum Maskottchen ist nicht weit.

Ich habe mich aber sehr gefreut, wie sich speziell Oli Kruschinski in den letzten Jahren um ihn gekümmert hat. Denn die Wahrheit liegt halt nicht in Selfies und Gesängen. Sondern aufm Platz.

Via Noemag (und John Ellis):

  • Beton ist nach Wasser die am stärksten verbrauchte Substanz weltweit.
  • Jahresverbrauch: 33 Milliarden Tonnen.
  • Für diese Produktion sind vier Milliarden Tonnen Zement jedes Jahr notwendig – das ist mehr, als in der gesamten ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verbraucht wurden. Und eine Milliarde Tonnen mehr, als wir jährlich essen.
  • Jedes Kilogramm Zement produziert mehr als ein halbes Kilogramm CO2.
  • Die CO2-Emissionen der Zementindustrie liegen mit acht Prozent der weltweiten Emissionen deutlich höher als die der Luftfahrt (zwei bis drei Prozent).
  • Wenn Zement ein Land wäre, wäre es der drittgrößte CO2-Emissionsproduzent hinter den USA und China.
  • Quintero, die chilenische Region mit den meisten Zementfabriken, trug wegen der starken Umweltverschmutzung den Spitznamen „zona de sacrificio“ – die Opferzone.

 

Ich arbeite gerade an meinem DLF-Hintergrund zur Verwaltungsdigitalisierung. Und habe eine Menge Material, das nicht reinpassen wird.

Zum Beispiel dieses plakative Beispiel für „Prozessdigitalisierung“, das Verwaltungsdigitalisierer Torsten Frenzel vom (wirklich sehr empfehlenswerten) E-Government-Podcast mir beschrieben hat:

Wenn ich eine (auch Online-)Leistung beantrage und bezahle – zum Beispiel einen neuen Führerschein – ist das für die Verwaltung noch kein Vollzug. Sondern es muss danach auf Verwaltungsseite immer noch eine Zahlungsanordnung ausgestellt werden – eine Anordnung eines/einer berechtigten Mitarbeiter oder Mitarbeiterin, dass die Kommune/Verwaltung das Geld überhaupt annehmen darf. Teilweise war das einmal mit bis zu drei Unterschriften verbunden (ich nehme an, um Korruption zu verhindern).

Wenn ich diesen Prozess einfach nur plump digitalisiere, baue ich mir dann etwas für die (wahrscheinlich automatisierte) Umsetzung der Zahlungsanordnung dran. Aber eigentlich ist diese Anordnung natürlich völlig überflüssig, denn ich habe mit Antrag, Identifikation und Zahlungsvollzug alle Informationen, die notwendig sind.

Das bedeutet eben „kluge“ Verwaltungsdigitalisierung: Prozesse und damit Vorschriften anpacken und überlegen, wie ich sie digital denken und damit effizienter machen kann.