Ich muss in letzter Zeit häufig an diese Karte denken. Sie zeigt Ergebnisse einer UN-Abstimmung im Dezember 2022 über eine „neuen Wirtschaftsordnung“ nach Covid-19 und im Zeichen der Rezession.

Klar, UN-Abstimmungen sind immer Festspiele der Heuchelei. Ich glaube nicht, dass Saudi-Arabien an einer gerechteren Wirtschaftsordnung ein gesteigertes Interesse hat. Oder dass von dieser Wirtschaftsordnung in Simbabwe und Myanmar besonders viel bei den Bewohnern ankommen würde.

Aber dennoch ist das die Skizze einer Nord-Süd-Blockbildung – die westlichen Industrienationen plus Japan und Südkorea auf der einen Seite; der globale Süden mit Russland und China auf der anderen.

Es gibt genügend Signale. Den Empfang für Lawrow in Südafrika zum Beispiel. Oder die bröckelnden Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika. Oder diese Analyse des ehemaligen US-Botschafters in Saudi-Arabien über die Abwendung des Südens vom Westen. Um nur drei Meldungen/Artikel zu nennen, die mir in den letzten Tagen begegnet sind.

Es ist durchaus ironisch: Diejenigen, die intensiv über symbolische Dekolonisierung diskutieren und dabei auf die Vergangenheit blicken, sind oft blind für die reale politische Abkopplung zwischen Norden und Süden, die in der Gegenwart stattfindet.

Ilan Manor weist im Digital Diplomacy Blog noch einmal auf das Offensichtliche hin, das aber historisch betrachtet alles andere als nebensächlich ist.

Diplomatie, besonders Militärhilfe und speziell Waffenlieferungen, war früher eine Sache höchster Geheimhaltung.

Das hat sich inzwischen durch die Digitalisierung geändert: Länder verkünden (und Twitter) Waffenlieferungen, die Ukraine bestätigt und dankt (auch über Twitter).

Die ukrainische Regierung übt über Social Media auch Druck aus:

„Ukrainian officials flood social media with images documenting the unbelievable scale of destruction inflicted by Russia. These images are accompanied by please for advanced weapons to help fight Russia. Other times, official Ukrainian accounts publish videos depicting the fetes of Ukraine’s armed forces promising that with adequate arms Ukraine could defeat Russia once and for all saving both Ukraine and the world. Finally, there are those accounts ran by Ukrainian diplomats that urge the international community to help prevent war crimes and genocide by arming Ukraine to the teeth. These tweets are then legitimized by OSINT experts, academics, opinion makers and even former military officers. Some tweets are also endorsed by Ukrainian digital Ambassadors such as ‘Star Wars’ Hark Hamill or historian Timothy Snyder. Next, the tweets are shared by hundreds of thousands of Twitter users. Some amplify the cry for help, others support the promise of defeating Russia while still others fear the growing loss of life. The cumulative effect of all these Shares, Likes and Re-Tweets should not be understated.“

Dadurch steigt der Druck auf den Westen, weitere Waffen zu liefern.

Zugleich haben auch diese Länder ihre Interessen: So nutzt Großbritannien zum Beispiel die Panzerlieferungen, um sich vom Image als introvertierte, nach innen ausgerichtete Nation zu lösen und sich als global-orientierte Macht zu präsentieren.

Tech-Links gibt es wöchentlich in meinem Internet-Newsletter.

Reconstructing Ukraine ($)

Vračić was fourteen then, taking shelter from Serbian shells in the basement of her home in Sarajevo. “We were listening to the radio,” she remembered, “and they were playing patriotic songs about our army being so strong and how, whenever this was over, we would be celebrating.” But thirty years later there was only bitterness. “This is what I really fear for Ukrainians,” she said:

They should really brace themselves for lots of disappointments that will come.… People who were not even necessarily in Ukraine will be the ones celebrated afterwards for the successes of the Ukrainian army. People who are not on the front lines will become rich overnight. War profiteering and all the stuff that Ukrainians don’t necessarily see at this moment will come, and these disappointments will hurt them more than the actual war.

 

 

Beim Blick auf die USA ist es wichtig, zu verstehen: Der Trumpismus ist eine Bewegung, die ohne ihren Begründer funktioniert. Wer „trumpy“ ist, entscheidet die Basis. Und was belohnt wird, hat sich vergangene Woche im Repräsentantenhaus gezeigt. Zitat aus dieser Analyse @Vanity Fair:

„In 2015, Trump led the base. But by 2020, Trump had lost control of the monster he created. The base decided to reward social media stunts with small-dollar donations. Fox News and the right-wing internet ecosystem created a world of mini Trumps, little congressional bomb-throwers like Boebert, Marjorie Taylor Greene, and Matt Gaetz. More motivated by fame than governing, these members seem to want what Real Housewives want: to build their brands. These congressional Kardashians don’t have a governing principle beyond obstruction and attention, of which they’ve all been getting amid this week’s party meltdown.“

A Philosophy Professor’s Final Class

Vergangenes Jahr verstarb der Philosoph Richard Bernstein – ein Kommilitone Richard Rortys, ein Freund Hannah Arendts, ein Gefährte von Jürgen Habermas.

Vor seinem Tod aber hielt er noch ein letztes Seminar – über Arendts Werk. Jordi Graupera hat es für den New Yorker besucht. Herausgekommen, ist ein Porträt über Bernsteins Werk und Wirken. Mehr noch: Ein Denkmal für ein Leben im Nachdenken über die Welt.

„January is the best month of the year because January is honest. It doesn’t lie to you and it doesn’t let you lie to yourself.“

Das schreibt Peter Williams im New Statesman (eine Zeitschrift, bei der ich seit sechs Monaten vergeblich mein Abo zu kündigen versuche, aber das ist eine andere Geschichte…).

Und er hat gute Argumente: Nach einigen Wochen persönlicher, kollektiver und diätetischer Absonderlichkeit (a.k.a. Weihnachtszeit) kehrt die Normalität zurück. Wir nehmen Maß, wer und wo wir gerade sind (Menschen, die auf einer dunklen Seite des Erdballs leben, mit einer Menge Arbeit und wenig Zeit). Und wir denken Ende des Monats zum ersten Mal wieder an den Frühling.

Das Beste aber: In den Kneipen ist wieder genug Platz, weil die ganzen Dry-January-Langweiler daheim bleiben.