- Aus dem Internet-Observatorium #35
- Xi Jinping’s plan to reset China’s economy and win back friends (€)
- Wall Street’s New ESG Money-Maker Promises Nature Conservation — With a Catch
- Ngozi Adichie: Free Speech (BBC Reith Lecture)
- The Creative Underclass is Still Raging
- Is Substack the future of media?
Archiv des Autors: joha
Linkliste vom 9. Januar
- Israel’s new government unveils plan to weaken Supreme Court
- Netanyahu’s Government Takes a Turn Toward Theocracy
- Crash and Burn: Why the F-35 is more than a meme.
- Maggie Haberman, the Confidence Man’s Chronicler
- The Secret to Ron DeSantis’s Success? Ignore Donald Trump—and Attack Business Instead
- What CHATGPT Reveals about the Collapse of Political/Corporate Support for Humanities/Higher Education
Trumpismus ohne Trump
Beim Blick auf die USA ist es wichtig, zu verstehen: Der Trumpismus ist eine Bewegung, die ohne ihren Begründer funktioniert. Wer „trumpy“ ist, entscheidet die Basis. Und was belohnt wird, hat sich vergangene Woche im Repräsentantenhaus gezeigt. Zitat aus dieser Analyse @Vanity Fair:
„In 2015, Trump led the base. But by 2020, Trump had lost control of the monster he created. The base decided to reward social media stunts with small-dollar donations. Fox News and the right-wing internet ecosystem created a world of mini Trumps, little congressional bomb-throwers like Boebert, Marjorie Taylor Greene, and Matt Gaetz. More motivated by fame than governing, these members seem to want what Real Housewives want: to build their brands. These congressional Kardashians don’t have a governing principle beyond obstruction and attention, of which they’ve all been getting amid this week’s party meltdown.“
Linkdump 8. Januar
Das letzte Seminar des Philosophen
A Philosophy Professor’s Final Class
Vergangenes Jahr verstarb der Philosoph Richard Bernstein – ein Kommilitone Richard Rortys, ein Freund Hannah Arendts, ein Gefährte von Jürgen Habermas.
Vor seinem Tod aber hielt er noch ein letztes Seminar – über Arendts Werk. Jordi Graupera hat es für den New Yorker besucht. Herausgekommen, ist ein Porträt über Bernsteins Werk und Wirken. Mehr noch: Ein Denkmal für ein Leben im Nachdenken über die Welt.
Der beste Monat
„January is the best month of the year because January is honest. It doesn’t lie to you and it doesn’t let you lie to yourself.“
Das schreibt Peter Williams im New Statesman (eine Zeitschrift, bei der ich seit sechs Monaten vergeblich mein Abo zu kündigen versuche, aber das ist eine andere Geschichte…).
Und er hat gute Argumente: Nach einigen Wochen persönlicher, kollektiver und diätetischer Absonderlichkeit (a.k.a. Weihnachtszeit) kehrt die Normalität zurück. Wir nehmen Maß, wer und wo wir gerade sind (Menschen, die auf einer dunklen Seite des Erdballs leben, mit einer Menge Arbeit und wenig Zeit). Und wir denken Ende des Monats zum ersten Mal wieder an den Frühling.
Das Beste aber: In den Kneipen ist wieder genug Platz, weil die ganzen Dry-January-Langweiler daheim bleiben.
Der Drohnenkrieg von morgen
Vor zwölfeinhalb Monaten scheiterte der Versuch, im Rahmen der Vereinten Nationen die Ächtung vollständig autonomer tödlicher Waffensysteme (landläufig: Killerroboter) zu beschließen – unter anderem am Widerstand aus den USA, Russland und Israel. Und das, obwohl man sich seit 2014 um ein Rahmenwerk bemüht hatte.
Diese Meldung der AP lässt erahnen, welch bittere Konsequenzen dieses Scheitern haben wird.
Ukraine’s digital transformation minister, Mykhailo Fedorov, agrees that fully autonomous killer drones are “a logical and inevitable next step” in weapons development. He said Ukraine has been doing “a lot of R&D in this direction.”
“I think that the potential for this is great in the next six months,” Fedorov told The Associated Press in a recent interview.
Der Chef des Switchblade-Herstellers Aerovironment rechnet in drei Jahren mit den notwendigen Policy-Änderungen (bei den Käufern der Drohne), den menschlichen Faktor aus dem Entscheidungsloop herauszunehmen. Technisch ist das prinzipiell nicht schwierig.
Deutsche Debatten Anfang 2023
Puh, das geht schon wieder auf überschaubarem Niveau los. Vielleicht zur Abkürzung.
- Olaf Scholz sollte Christine Lambrecht abberufen. Aber nicht wegen ihres Silvestervideos. (Bilanz der SPD-Ministerriege ist echt ein Thema für sich, wenn Hubertus Heil dein einziger Bannerträger ist, hast du entweder sonst die falschen Ministerien gewählt oder das falsche Personal, oder eine Mischung aus beidem).
- Floskelwolke und der Freiheitsbegriff: Ein Köder für die Aufmerksamkeitsökonomie. Denn „Freiheit“ mit einer solchen Auszeichnung unter Generalverdacht zu stellen, ist nicht weniger plump als die beklagte Vulgarisierung. Diskussionen über die Freiheit, die wir meinen, werden in Social-Media-Deutschland weitestgehend als Sprachspiel oder Stammesritual geführt. Ortega y Gasset darf gleich eine Doppelumdrehung im Grab hinlegen.
- Diskussionen über Ausschreitungen in der Silvesternacht. Sicher einerseits berechtigt, andererseits erwartbar unergiebig und nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass es linearen Medien in der ersten Januarwoche an Themen fehlt. Mit einer grundsätzlichen Böllerverbotsdebatte schüttet man dann auch noch das Kind mit dem Bade aus (oder findet einen Vorwand, selbiges zu tun). Es würde mich freuen, wenn zu solchen Ausschreitungen gezielt qualitative soziologische Forschung durchgeführt werden würde, auf deren Basis man diskutieren kann – und zwar nicht erst in einigen Jahren.
Dokus und die Streaming-Welt
Inside the Documentary Cash Grab
Dokumentarfilme (und -serien) sind durch die Streaming-Angebote raus aus der Nische gewachsen. Oder, wie es der Produzent Kevin Iwashina (Jiro Dreams of Sushi) im oben verlinkten Stück formuliert: Man ist nicht mehr der handgemachte Espresso in Italien, sondern Starbucks – „etwas, was man erstrebt, aber das auch erreichbar ist.“
Das hat Folgen: Zum Beispiel, das Protagonisten und Protagonistinnen bezahlt werden oder sogar als Co-Produzenten fungieren. Die Fyre-Fest-Abzocke erhält eine bitter-ironische Note, wenn man bedenkt, dass der Organisator Billy McFarland für die zugehörige Hulu-Doku von 2019 Auftrittsgage und Lizenzgebühren erhielt (die Netflix-Doku wiederum wurde von zwei Firmen co-produziert, die am Fiasko beteiligt waren).
Und auch handwerklich ändert sich etwas: Das so genannte „frankenbiting“ wird häufiger eingesetzt – die Montage von Dialogen, die so gar nicht stattgefunden haben. Inhaltlich sucht man häufiger bereits Themen, zu denen eine Fankultur existiert (äquivalent der Superhelden-Franchise-Filme).
Und die Vorgaben der Streamingdienste ist klar: In den ersten zehn Minuten muss etwas passieren, das die Zuschauer fesselt. Denn Stream-Abbrüche können sich auch Dokus nicht mehr leisten.