Wie reagieren Menschen auf Müll-Roboter? Das ist die Frage, die sich Forscher der Cornell University stellten. Sie montierten einen Mülleimer auf ein elektrisches Rollbrett, installierten eine Kamera und ließen die Tonne losfahren, um Müll einzusammeln.

Das Resultat: Anthropomorphisierung. Ich schreibe derzeit ja häufiger darüber im Kontext von Large Language Models (a.k.a. dialogische „Künstlicher Intelligenz“). Und finde es immer wieder faszinierend, wie die Kombination aus „uns unterlegen, hilfsbereit und nützlich“ dazu führt, dass wir Dingen menschliche Eigenschaften zuschreiben. Gleichzeitig ist es ziemlich beunruhigend, wie einfach wir mit solchem Design zu manipulieren sind.

Hier das Video mit dem Experiment:

A Philosophy Professor’s Final Class

Vergangenes Jahr verstarb der Philosoph Richard Bernstein – ein Kommilitone Richard Rortys, ein Freund Hannah Arendts, ein Gefährte von Jürgen Habermas.

Vor seinem Tod aber hielt er noch ein letztes Seminar – über Arendts Werk. Jordi Graupera hat es für den New Yorker besucht. Herausgekommen, ist ein Porträt über Bernsteins Werk und Wirken. Mehr noch: Ein Denkmal für ein Leben im Nachdenken über die Welt.

Puh, das geht schon wieder auf überschaubarem Niveau los. Vielleicht zur Abkürzung.

  1. Olaf Scholz sollte Christine Lambrecht abberufen. Aber nicht wegen ihres Silvestervideos. (Bilanz der SPD-Ministerriege ist echt ein Thema für sich, wenn Hubertus Heil dein einziger Bannerträger ist, hast du entweder sonst die falschen Ministerien gewählt oder das falsche Personal, oder eine Mischung aus beidem).
  2. Floskelwolke und der Freiheitsbegriff: Ein Köder für die Aufmerksamkeitsökonomie. Denn „Freiheit“ mit einer solchen Auszeichnung unter Generalverdacht zu stellen, ist nicht weniger plump als die beklagte Vulgarisierung. Diskussionen über die Freiheit, die wir meinen, werden in Social-Media-Deutschland weitestgehend als Sprachspiel oder Stammesritual geführt. Ortega y Gasset darf gleich eine Doppelumdrehung im Grab hinlegen.
  3. Diskussionen über Ausschreitungen in der Silvesternacht. Sicher einerseits berechtigt, andererseits erwartbar unergiebig und nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass es linearen Medien in der ersten Januarwoche an Themen fehlt. Mit einer grundsätzlichen Böllerverbotsdebatte schüttet man dann auch noch das Kind mit dem Bade aus (oder findet einen Vorwand, selbiges zu tun). Es würde mich freuen, wenn zu solchen Ausschreitungen gezielt qualitative soziologische Forschung durchgeführt werden würde, auf deren Basis man diskutieren kann – und zwar nicht erst in einigen Jahren.

„Wir leben womöglich in einer Welt, in der zwei gegensätzliche Kräfte um ökonomische und politische Kontrolle ringen – der Kapitalismus und der moderne Staat. Beides sind Instrumente, die niemand vollständig kontrollieren kann. Und doch müssen wir uns besonders in Krisenmomenten zwischen den beiden entscheiden. Nicht, weil eine der beiden Kräfte uns täuscht und die andere uns die Realität in aller Ehrlichkeit darlegt: Beide täuschen uns auf ihre eigene Art. Aber beide sind auch auf ihre eigene Art unersetzlich. Es könnte also sein, dass wir vor einer politischen Wahl stehen, die zwischen unterschiedlichen Formen der Täuschung liegt.“

David Runciman: Leviathan (Seite 116, Übersetzung von mir)

L.M. Sacasas:

„Reading is not natural. There is nothing about human physiology that would lead inexorably to the advent of literacy. Yet it happened. This thing that I am doing just now as I type and which you are doing, in turn, just now as you read is almost magical. My thoughts, some small bit of my interior life is transmitted to you in another time and place through an incredibly simple technique of arranging two dozen or so symbols on a page. And most of us who have grown up in a literate society take it utterly for granted.“

Wie wäre es damit: Berlin verrät der bayerischen Dönerbranche, dass Gemüsekebap eine ziemlich gute Idee ist (und schickt ein paar Würzrezepte gen Süden). Im Geiste des kulturellen Austauschs übergibt Bayern im Gegenzug Berlin seine Pfefferbrezen-Rezepte (und schickt vielleicht mal ein paar Bäcker zur Entwicklungshilfe in die Stadt, SOS aus Friedrichshain!).

Das wäre ein absolutes Win-Win-Geschäft. Vor allem für mich natürlich.

(Mein Szenario ist so gut wie eures)

Nein, Twitter wird nicht kaputt gehen.

Nicht, was die Infrastruktur betrifft. Dauerhaft, meine ich.

Und: Die aktuelle Twitter-Nahtod-Erfahrung, ausgelöst von einer Mischung aus Hysterie und Twittertodeswunsch, zeigt eben, warum Twitter eben nicht 1:1 ersetzbar ist. Wer dort kulturelles Kapital hat, wird so lange wie möglich bleiben. Zitat Rob Horning:

„Where else do my opinions have any convertible worth? By unilaterally purchasing the vault in which all this social capital is stored (and the primary means by which it circulates and valorizes itself), Elon Musk has created a kind of hostage crisis, but it’s not entirely clear what he wants or if we can simply post our way out of it, even if everyone is posting about him.“

Was also wird passieren? Elon Musk wird Twitter zu einem OnlyFans für Text und Video umbauen. Nein, ich rede nicht von Sex. Sondern von allgegenwärtigen P2P-Paywalls: Für den blauen Haken und bessere Sichtbarkeit, für Abos von Premium-Inhalten (die auch länger als 280 Zeichen sein dürfen). Jeder Nutzer, jede Nutzerin kann auch selbst Premium werden und sich monetarisieren. Vielleicht wird der Zugang grundsätzlich hinter einer Bezahlschranke verschwinden. Oder ich zahle als Marke/Firma, wenn ich mehr als 10.000 Nutzer habe.

Kulturelles Kapital lässt sich für die gegenwärtige Form von „Twitter-Berühmtheit“ nicht so einfach transferieren. Nur die wenigsten Twitterati werden sich die Mühe machen, Zeit in einen Substack-Newsletter zu investieren. Und für 5000 Mastodon-Follower zu posten ist etwas anderes, als 50.000 Twitter-Follower zu bespielen.

Und auf der anderen Seite gilt: Als seltsamer, aber effektiver und vor allem zentraler Informations- und Kommunikationshub kommt für den textfixierten Teil der Online-Menschheit kaum eine Alternative in Frage. Bislang zumindest nicht.

Musk hat also noch Zerstörungsspielraum. Er wird ihn sicher ausnutzen. Aber ich sehe die Netzwerk-Effekte in der Tiefe halten, nicht sich umkehren.